Beitrag, Deutsch, 5 Seiten, Baurecht
1. Vorbemerkungen 1.1 Entscheidung des BGH Der BGH hat mit Urteil vom 21.03.2002 (VII ZR 224/00) Anforderungen an den baubetrieblichen Nachweis von Schadensersatzansprüchen nach § 6 Nr. 6 VOB/B definiert: a) Der Auftragnehmer muss eine Behinderung, aus der er Schadensersatzansprüche ableitet, möglichst konkret darlegen. Dazu ist in der Regel auch dann eine bauablaufbezogene Darstellung notwendig, wenn feststeht, dass die freigegebenen Ausführungspläne nicht rechtzeitig vorgelegt worden sind. b) Allgemeine Hinweise darauf, dass die verzögerte Lieferung freigegebener Pläne zu Bauablaufstörungen und zu dadurch bedingten Produktivitätsverlusten geführt habe, die durch Beschleunigungsmaßnahmen ausgeglichen worden seien, genügen den Anforderungen an die Darlegungslast einer Behinderung nicht. Sie sind auch keine geeignete Grundlage für eine Schadensschätzung. 1.2 Problem des Bauunternehmers Zur Anspruchsbegründung können im Nachhinein zwar die (eventuell unstreitig) hindernden Umstände, nicht aber deren konkrete Auswirkungen justiziabel vorgetragen werden. Die Bauunternehmer selbst schätzen einer am Institut für Baubetriebswesen der TU Dresden unter Leitung von Univ.-Prof. Dr.-Ing. R. Schach durchgeführten Umfrage zufolge ein, dass für die mangelnde Durchsetzbarkeit von störungsbedingten Mehrkosten in 65 % der Fälle Probleme mit dem Nachweis der Anspruchsgrundlage verantwortlich sind. 1.3 Einsatz spezieller Software als Lösung 2. Projektmanagement-Software Power Project ist speziell auf Bauunternehmen zugeschnitten. Als ursprünglich vorwiegend grafikorientierte Anwendung erlaubt das Programm ein intuitives Erstellen hervorragend gestalteter Ablaufpläne. Aufgrund der umfassenden Funktionalitäten kann nahezu der gesamte baubetriebliche Leistungsprozess realitätsnah und vollständig abgebildet werden. In Power Project sind bundeslandspezifische Arbeitszeitkalender ebenso implementiert wie ein differenziertes Ressourcenmanagement oder eine Schnittstelle zum Kalkulationsprogramm ARRIBA. Insbesondere der Datenaustausch zwischen Kosten- und Ablaufplanung unterstützt den genauen Nachweis der terminlichen und monetären Folgen von Bauablaufstörungen. MS Project wird branchenübergreifend im Projektmanagement eingesetzt. Mit der ursprünglich tabellenorientierten Anwendung sind vor allem Office-Anwender schnell vertraut. Unproblematisch ist der Datenaustausch mit dem weit verbreiteten Programm Excel, mit dem einfache Berechnungen, zum Beispiel von Vorgangsdauern, durchgeführt werden können. MS Project ist weniger komplex und wird daher oft als insgesamt leichter bedienbar empfunden. Aufwändiger sind grafische Darstellungen von Informationen direkt im Bauablaufplan. Für deren Verbesserung ist mit dem Programm GRANEDA eine eigenständige Visualisierungslösung entwickelt worden. Der stufenweise Dokumentationsprozess von abweichenden Zuständen im Bauablauf kann standardmäßig nur eingeschränkt durchgeführt werden. 2.2 Zielgerichteter Einsatz erforderlich Erst der zielgerichtete, baubegleitende Softwareeinsatz ermöglicht die justiziable Dokumentation gestörter Bauabläufe. Der Nachweis von Ursachen und Auswirkungen einzelner Behinderungen ist unter wechselnden Rahmenbedingungen mit einer Datenflut verbunden, die nur mit systematischem Softwareeinsatz bewältigt werden kann. Auch durch das alternierende oder gleichzeitige Auftreten von Pflichtverletzungen, anderen Anordnungen, üblichen Schwankungen und innerbetrieblichen Störungen wird die Detailanalyse von Behinderungen erschwert. Bei der Erstellung von Anspruchsnachweisen kommt es daher auf die perfekte Beherrschung der Software ebenso an wie auf methodisches Vorgehen. Der Bearbeiter muss zudem über technisches, kaufmännisches und juristisches Wissen verfügen. 2.3 Vorteile des Softwareeinsatzes 3. EDV-gestützte Anspruchssicherung Die Dauern werden in der Regel über die zu erwartenden Leistungsmengen, Arbeitszeitaufwandswerte und die Zuordnung von Ressourcen bestimmt. Da jedoch nahezu kein Bauablauf so wie geplant realisiert wird, sollte der Bauunternehmer zum Ausgleich von innerbetrieblichen Bauablaufstörungen, Schwankungen und Witterungseinflüssen zusätzlich zu den realistischen Vorgangsdauern einen weiteren Zeitbedarf einplanen. So genannte Anordnungsbeziehungen bilden die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Vorgängen und Meilensteinen ab. Es muss jeweils mindestens ein Vorgänger und Nachfolger zugeordnet werden. Nur der letzte Vorgang oder Meilenstein, in der Regel die Abnahme, hat keinen Nachfolger. Neben technologischen können auch ressourcenbedingte Abhängigkeiten berücksichtigt werden, wenn zum Beispiel das Preisangebot des Bauunternehmers auf einem ununterbrochenen Einsatz bestimmter Geräte oder Arbeitskolonnen aufbaut. Die Programme berechnen auf Basis der planerischen Annahmen, ob nach dem definierten Modell die vertraglichen Vorgaben eingehalten werden können. Gegebenenfalls sind die dem Plan zugrunde liegenden Bauverfahren, Ressourcen und Abhängigkeiten so lange zu überarbeiten, bis das explizit vereinbarte, primäre Vertrags-Soll vollständig umgesetzt ist. Die Darstellung erfolgt in der Regel als vernetztes Balkendiagramm. Die Vernetzung ermöglicht dabei das Nachvollziehen der planerischen Annahmen, die rasche Anpassung des Plans an geänderte Situationen und die konkrete Darstellung von Zusammenhängen zwischen Ursachen und ihren spezifischen Auswirkungen. Durch die Darstellung der Vorgänge als zeitproportionale Balken bleibt der Ablaufplan übersichtlich und auch für Nichttechniker lesbar. Pläne sollten dennoch ausschließlich am Rechner bearbeitet und ausgewertet werden, da nur dort Verknüpfungen verfolgt, vorgangsbezogene Informationen vollständig abgerufen und Neuberechnungen durchgeführt werden können. Ausdrucke erfolgen jeweils erst nach der Definition von Filtern für spezifische Zielstellungen. 3.2 Controllingprinzipien umsetzen Aufgrund des Umfangs und der Komplexität zu erfassender Informationen reichen somit bereits bei mittleren Bauprojekten händische Aufschreibungen als alleinige Grundlage der Nachweisführung nicht aus. Nur bei der EDV-gestützten Erfassung sämtlicher Informationen ist jederzeit ein tabellarischer und/oder grafischer Vergleich zwischen dem geplanten, fortgeschriebenen und tatsächlichen Bauablauf möglich –Grundvoraussetzung für Differenzbetrachtungen zum Nachweis der Anspruchsgrundlage. 3.3 Ansprüche dokumentieren Damit mögliche Ansprüche nicht bereits an der mangelnden bauablaufbezogenen Darstellung der adäquat-kausalen Behinderungsfolgen scheitern, müssen die geforderten Voraussetzungen systematisch erkannt, erfasst und dokumentiert werden. Bei zielgerichtetem Einsatz der beschriebenen Software ist auch für umfangreiche Ablaufpläne ein detaillierter Einzelnachweis der Ursachen und Auswirkungen von Bauablaufstörungen möglich. Der aus der baubegleitenden Darstellung resultierende Mehraufwand relativiert sich angesichts der erheblichen Mehrkosten eines gestörten Bauablaufs, die ansonsten nicht oder nicht vollständig durchgesetzt werden können.
4. Praktische Umsetzung Zur Erstellung derartiger bauablaufbezogener Dokumentationen sind neben umfangreichen Softwarekenntnissen ingenieurtechnische, kaufmännische und juristische Schlüsselqualifikationen erforderlich. Wichtigster Erfolgsfaktor bei der baubegleitenden Anspruchssicherung ist somit ein hochqualifizierter Bearbeiter mit ausreichendem Zeitbudget. Vor allem an Zeit mangelt es dem Unternehmerbauleiter regelmäßig. Abhilfe schaffen hier externe Dienstleister. Der Bauleiter kann sich auf seine Kernkompetenzen konzentrieren und verliert nichts von der gerade im Fall von Bauablaufstörungen so wertvollen Arbeitszeit – bei gleichzeitiger Professionalisierung des Anspruchsnachweises. Vor allem bei großen Bauvorhaben, komplexen Wirkzusammenhängen, vielen kleineren Störungen und nichtkritischen Behinderungen macht sich Expertenwissen erforderlich. In diesen Fällen ist der Nachweis eines eindeutigen Zusammenhangs zwischen Ursache und Auswirkung oft mit Schwierigkeiten verbunden, deren Lösung besonderes Know-how erfordert. 5. Fazit Gerade ein kooperativer Unternehmerbauleiter, der beim Auftreten von Behinderungen unter erheblichem Koordinationsmehraufwand versucht, negative Auswirkungen einzudämmen, kann am wenigsten Zeit in die Anspruchssicherung investieren. Bestreitet der Auftraggeber dann die noch entstehenden Mehrkosten, wird bisher ausgerechnet der kooperative Unternehmer mit der mangelnden Durchsetzbarkeit von Mehrkosten bestraft. Die Konsequenz ist, dass sich Bauunternehmer ebenfalls immer seltener kooperativ verhalten und statt dessen auf perfekte Anspruchssicherung setzen müssen – mit der Folge steigender Gesamtkosten. Ein erleichterter Schadensnachweis könnte aus Sicht des Verfassers eine Trendumkehr zu mehr Vertrauen und damit Kooperationsbereitschaft der Bauunternehmer bewirken. Zudem würde auch ein stärkerer Anreiz zur fristgerechten, kooperativen Mitwirkung der Auftraggeber geschaffen. Den Nutzen hätten letztlich alle Projektbeteiligten: Den Auftragnehmern würden weniger ablaufbedingte Mehrkosten entstehen und die Auftraggeber könnten einen größeren Anteil ihrer Projekte kosten- und termingerecht in Betrieb nehmen. Autor |
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